Piccolotrompete

Kurzportrait


  • Name: Piccolotrompete in hoch B/A

  • Schreibweisen

    • Englisch: piccolo trumpet

    • Französisch: Petite Trompette

    • Italienisch: Tromba Piccola

  • Klassifikation: Aerophon, Polsterzungeninstrument, Blechblasinstrument

  • Material: Messing (Rohr), Goldmessing (Mundrohr)

  • Mundstück: kleines Kesselmundstück

  • Rohr: Länge 65–72cm, Verlauf zylindrisch–konisch (Bügelform); A-Mundrohr (Umstimmen nach A)

  • Mensur: eng, Innendurchmesser 10,4–11 mm

  • Ventile: 3 Perinetventile (1, ½, 1 ½ Töne), 1 Zusatzventil (1 Ganzton)

  • Stürze: Randdurchmesser 9,4–10 cm

Als Piccolotrompeten werden alle Trompeten in den Stimmungen D bis hoch B bezeichnet.

Die Piccolotrompete wird heute im Orchester hauptsächlich dann verwendet, wenn Trompetenparte durchgehend sehr hoch gehalten sind, z.B. zur Ausführung von barocken Clarino-Partien bei Bach und Händel.

Spieltechnisch ist die Ausführung hoher Trompetenparte auf der Piccolotrompete nicht mit der früheren Ausführung auf den Barocktrompeten zu vergleichen:

Das Rohr der barocken Trompeten war doppelt so lang wie das der modernen Trompeten – der Grundton einer barocken C-Trompete war daher um eine Oktave tiefer als bei der heutigen C-Trompete. Da eine doppelt so lange Luftsäule in Bewegung gebracht werden musste, war die Tonansprache wesentlich schwieriger. Um die hohen Naturtöne im Clarinregister (ab dem 8. Teilton) überhaupt erreichen zu können, wurde daher ein spezielles Clarinmundstück verwendet. Auf den modernen Trompeten und insbesondere auf der Piccolotrompete ist die Tonansprache durch das kurze Rohr wesentlich leichter, die Treffsicherheit im hohen Bereich viel größer. Ein spezielles Mundstück wird nicht verwendet. Mit dem barocken Clarinblasen kann die Ausführung der hohen barocken Clarinparte auf der Piccolotrompete also nicht verglichen werden. Daher ist die umgangssprachliche Bezeichnung Bach-Trompete oder Clarin-Trompete für die Piccolotrompete nicht richtig.

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Obertöne

Teiltöne, die in einem ganzzahligen Schwingungsverhältnis zueinander stehen (1:2:3:4:5:6 ...), werden Obertöne oder harmonische Teiltöne genannt. Die Zählung der Obertöne unterscheidet sich von der Zählung der Teiltöne insofern, als der tiefste Ton als Grundton nicht gezählt wird (Grundton = 1. Teilton, 1. Oberton = 2. Teilton, 2. Oberton = 3. Teilton usw.). Während der Grundton als Tonhöhe gehört wird, verschwimmen die Obertöne zur Klangfarbe. Heute ist die Zählung nach Teiltönen üblich, da sie den Schwingungsverhältnissen entspricht.
Werden Obertöne hintereinander aufgereiht, so erhält man die Obertonreihe. Die Obertöne werden auch "Harmische" genannt. Das Schwingungsverhältnis der Teiltöne zueinander wird wie immer beim Schall von tief nach hoch bestimmt.
Die Zahlenzusammenhänge zwischen den harmonischen Teiltönen (Obertönen) wurden bereits von Pythagoras (um 500 v. Chr.) entdeckt. Im geschichtlichen Verlauf wurden sie zur mathematischen Grundlage der abendländischen Intervalllehre.

Geschichte

Hochgestimmte Ventiltrompeten wurden ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gebaut, um die Ausführung der barocken Clarinparte wieder zu ermöglichen.

Bereits in den 1880-er Jahren spielte der deutsche Trompeter Julius Kosleck barocke Trompetenparte mit einer geraden Trompete in A mit zwei Ventilen. Seit den 1890-er Jahren baute man in Belgien Trompeten in hoch Es/D bzw. F/Es. Diese Instrumente konnten sich vorerst aber nicht einbürgern – Richard Strauss (1864–1949) empfahl noch 1905 in der ergänzten und revidierten Instrumentationslehre von Berlioz, für die barocken Trompetenparte Klarinetten in Es aus Metall zu verwenden (!).

1905 entwickelte Victor Charles Mahillon (1841–1925) eine Piccolotrompete in hoch B mit dem Grundton b. Dieses Instrument konnte sich in den 1960-ern endgültig durchsetzen.


Périnetventil-Trompete in B, The H.N. White Co., Cleveland, Ohio, ca. 1931. Kleinste spielbare Périnetventil-Trompete der Welt (Musikinstrumentenmuseum Schloss Kremsegg, Austria, Sammlung Streitwieser)

Heute versuchen Jazz-Trompeter, ähnlich wie die Clarinbläser des Barock, die Trompetenskala in immer größere Höhen zu treiben. Zu den bedeutendsten Jazztrompetern, die sich in der 3- und sogar 4-gestrichenen Oktave bewegten, gehören Cat Anderson und Maynard Ferguson. Miles Davis und Wynton Marsalis sind bekannt für ihre Bemühungen, Jazz mit Elementen aus der E-Musik zu verbinden.

Notation

Die Piccolotrompete in hoch B/A wird im Violinschlüssel notiert. Sie ist ein transponierendes Instrument, der tatsächliche Klang ist eine kleine Septim höher als die Notation (B-Stimmung) bzw. eine große Sext höher (A-Stimmung).

Tonumfang

Tonumfang der Piccolotrompete: d1 – g3 (Notation: e – a2)

Die Tonskala der Piccolotrompete in hoch B liegt somit ungefähr eine Oktave höher als die der B-Trompete (e – b2).

Eine Einteilung der Tonskala in Register ist nicht sinnvoll, da der Klang im gesamten Tonumfang sehr homogen ist.

Tonerzeugung

Wie bei allen Trompeten (mit Ausnahme der Basstrompete) wird die Naturtonskala (Teiltonskala) erst ab dem 2. Naturton genutzt, da der 1. Naturton eine unreine Intonation hat.

In der Tiefe wird vom 2. Naturton ausgehend durch Drücken aller 3 Ventile das e1 erreicht, mit dem 4. Ventil sogar das d1, d.h. es werden zwei zusätzliche Halbtöne gewonnen (In der A-Stimmung kann theoretisch sogar das cis1 erreicht werden).

Der gebräuchliche Tonumfang reicht bis zum g3 (8. Teilton mit 3. Ventil). Virtuose Trompeter erreichen auch noch höhere Töne, die schneidende Klangqualität in dieser Höhe wird jedoch in der Orchesterliteratur äußerst selten verlangt.

Spieltechniken

Allgemeines

Die Trompete besitzt durch die leichte Tonansprache eine außerordentliche technische Wendigkeit. Unvorbereitetes Anblasen der höchsten Töne ist ebenso möglich wie weite Sprünge im Legato und Staccato.

Einfachzunge

In schnellstem Tempo sehr präzise ausführbar, auch in extremen Dynamikstufen und mit dynamischen Vorzeichenänderungen.

Vibrato

Sforzato

Sforzato

Forciertes kurzes Anblasen, danach schnelle Reduktion der Tonintensität.

Sforzatissimo

Forciertes kurzes Anblasen, danach Beibehaltung der Tonintensität.

Fortepiano

Rasche dynamische Reduzierung von forte auf piano.

Doppelzunge

In schnellstem Tempo sehr präzise ausführbar, auch in extremen Dynamikstufen und mit dynamischen Vorzeichenänderungen.

Tripelzunge

In schnellstem Tempo sehr präzise ausführbar, auch in extremen Dynamikstufen und mit dynamischen Vorzeichenänderungen.

Flatterzunge

Der Spieler lässt während der Tonerzeugung seine Zunge zwischen den Lippen flattern. Wird selten eingesetzt, macht den Ton schneidend und übersteigert, v.a. in Verbindung mit einem Dämpfer.

Triller

Bei den Trompeten gehört der Triller zu den groben Klangeffekten und wird eher selten verwendet.

Dämpfer

Intensiviert den Ton.

Im Piano sehr zart, gläsern, subtil;
im Fortissimo scharf, durchdringend, beißend.

Läufe

Läufe sind auf der Trompete aufgrund ihrer Wendigkeit sehr gut ausführbar.

Phrasen

Klangcharakter

Der Klang der Piccolotrompete hat durchgehend den typischen Trompetencharakter, im Vergleich zur C-Trompete klingt die Piccolotrompete jedoch heller und klarer.

Der Klangcharakter ist in allen Bereichen sehr homogen, eine Einteilung in Register erübrigt sich, da keine abrupten Klangfarbenänderungen von den kräftigen Tönen in der Tiefe bis zu den scharfen, spitzen, schneidenden und durchdringenden hohen Tönen feststellbar sind. Durch die leichte Ansprache der Töne ist der volle Klang unmittelbar nach dem Anblasen präsent. Am besten entfaltet sich der Klang zwischen c2–c3.

Klangverbindungen

Der ausgeprägte helle bis scharfe Klangcharakter prädestiniert die Piccolotrompete für solistische Aufgaben.

Neben dieser primären Bestimmung werden die Piccolotrompeten in verschiedenen Stimmungen in der Instrumentation des 20. Jahrhunderts hauptsächlich zur Klangverstärkung eingesetzt, z.B. im Unisono mit der Oboe.

Symbolik


Bachtrompete in F, Mainz, Deutschland, Gebrüder Alexander, vielleicht 1952. Speziell für die Vorführung von J.S. Bachs Musik 1934 entworfen (Musikinstrumentenmuseum Schloss Kremsegg, Austria, Sammlung Streitwieser)

Das goldene Zeitalter der hohen Trompetenstimmen ist im Barock anzusiedeln. Das höchste Klangideal für einen Barockmusiker war die menschliche Stimme. Die Clarintöne, die auf der langen Barocktrompete äußerst schwierig hervorzubringen waren, klangen flötenartig zart und klar und kamen dem Diskant, der damaligen höchsten menschlichen Singstimme, von allen Instrumenten am nächsten. Die barocken Clarintöne sind die unmittelbare Fortsetzung der menschlichen Stimme gen Himmel und symbolisieren das Streben des Menschen nach dem Höchsten, nach Gott.

Daher wurde die Kunst des Clarinblasens – des Blasens der höchsten Naturtöne der Trompetenskala – im Bemühen um Perfektion im wahrsten Sinne auf die Spitze getrieben.

Das Clarinblasen lief auch den tiefen Militärtrompeten als Symbol höfischer Repräsentation immer mehr den Rang ab. Die hohen Trompetentöne galten als vornehm und edel, das Clarinblasen war verbunden mit hohem Ansehen und sozialem Status, da der Musiker bei Hofe – vor Kaisern und Fürsten – und nicht vor "Bauerngesinde" spielte.

Repertoire (Auswahl)

Opern und symphonische Werke

  • Maurice Ravel

    • Boléro (1928), für Picc. in D
  • Igor Stravinsky

    • Le sacre du printemps (1913), für Picc. in D
    • Symphonie des Psaumes (1930), für Picc. in D
  • Hans Werner Henze

      1. Symphonie (1969)

Piccolotrompete und Orchester

Barocke Clarinpartien, heute auf der Piccolotrompete gespielt

  • Claudio Monteverdi L’Orfeo (Toccata, 1609)
  • Girolamo Fantini (1600-1675)
  • Clement Thieme (1631-1668)
  • Johann Ch. Pezel (1639-1694)
  • Pavel J. Vejvanovsky (1640-1693)
  • Heinrich I. F. Biber (1644-1704)
  • Ferdinand T. Richter (1649-1711)
  • Arcangelo Corelli (1653-1713)
  • Giuseppe Torelli (1658-1709)
  • Domenico Gabrieli (1659-1690)
  • Henry Purcell (1659-1695)
  • Antonio Vivaldi (1678-1741)
  • Johann J. Schnell (1687-1754)
  • Georg Philipp Telemann (1681-1767)
  • Georg Friedrich Händel (1685-1759)
  • Johann Sebastian Bach (1685-1750)
  • Johann F. Fasch (1688-1758)
  • Johann S. Endler (1694-1762)
  • Johann M. Molter (1696-1765)
  • Joseph A. Gross (1701-1784)
  • Franz X. Richter (1709-1789)
  • Joseph Riepel (1709-1782)
  • J. G. Leopold Mozart (1719-1787)
  • Johann W. Hertel (1727-1789)
  • Carl F. Ch. Fasch (1736-1800)
  • Johann M. Sperger (1750-1812)

Neuere Konzerte für Piccolotrompete

  • André Jolivet

    • Trompetenkonzert Nr. 2 (1954)
  • Boris Blacher

    • Konzert für hohe Trompete und Streichorchester (1970)

Kammermusik

  • Hans Werner Henze

    • Sonatina für acht Blechbläser (1983), für Picc. in G
  • Karlheinz Stockhausen

    • Luzifers Tanz (Ausschnitte aus der Oper Licht, gesetzt für Blechbläserensemble, 1983)
  • Mauricio Kagel

    • Fanfaren für 4 Trompeten (1993)
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