Röhrenglocken

Kurzportrait


  • Name: Röhrenglocken

  • Schreibweisen

    • Englisch: chimes, tubular bells, tubular chimes

    • Französisch: Cloches, tubes de cloches

    • Italienisch: Campane tubolari

  • Klassifikation: Idiophon (Selbstklinger), Aufschlagröhre, Schlaginstrument mit bestimmter Tonhöhe, gehören in klaviaturartiger Anordnung auch zu den Stabspielen

  • Ständer: Metallgestell mit Rädchen, Höhe: 180–220 cm (je nach Tonumfang)

  • Röhren: Stahl, verchromtes Messing; Durchmesser: 3–4 cm; Wandstärke: 1–2 cm; Länge je nach Tonhöhe: ca. 75 cm (f2 kürzeste Röhre) – ca. 155 cm (c1 längste Röhre)

  • Stimmung: Je nach Stimmtonhöhe des Orchesters, in der Regel ist ein Set auf 442 Hertz gestimmt

  • Anhängeleisten

  • Dämpferpedal: Dämpferstange, Dämpferleiste

  • Gewicht: Samt Gestell: Ca.84–100 kg (1 ½ Oktaven)

  • Glockenschlägel: Eiche, Schichtholz, Plastik, Gummi; Grifflänge ca. 25–30 cm; Kopfdurchmesser: 3–4.5 cm; Länge: 11 cm

  • Verschiedene andere Schlägel

Von den verschiedenen Glockenarten, die im Laufe der Zeit im Orchester verwendet wurden, gehören die Röhrenglocken – in chromatischer Anordnung als Röhrenglockenspiel – zum Standardinstrument im modernen Opern- und Symphonieorchester. Ihre Hauptaufgabe war es, als Ersatzinstrument den Glockenklang im Orchester zu suggerieren. Unabhängig davon wird heute auch seine Klangfarbe geschätzt.

Röhrenglocken wurden entwickelt, um ein leicht transportierbares Musikinstrument für den orchestralen Alltag zu schaffen. Ihr Klang sollte dem Vorbild der Kirchenglocken möglichst nahe kommen, konnte es aber nie erreichen.

Während Röhrenglocken für den Klang im höheren Bereich eingesetzt werden, haben sich für den tiefen Bereich Plattenglocken bewährt, obwohl der Klangcharakter beider Instrumente sehr verschieden ist. Daneben wurden – in früheren Zeiten – auch massive Stahlstäbe als Glockenersatz verwendet.

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Geschichte

Die Frühzeit der Glocken

Asien ist die Heimat der gegossenen Glocke. Die Chinesen haben bereits vor über 4000 Jahren Glocken und Glöckchen im Orchester gekannt. In der Provinz Hopeh in China hat man in einem 2400 Jahre alten Graben 65 verschieden große Bronzeglocken gefunden (zwischen 12 und 150 cm hoch). Diese Glocken wiesen noch nicht die heute übliche runde Form auf. Über Indien haben sich die Glocken in den Nahen Osten ausgebreitet. Archäologische Funde assyrischen Ursprungs reichen bis zu 3000 Jahre zurück. Bereits im 2. vorchristlichen Jahrtausend soll es Bronzeglocken gegeben haben. Im 9. Jahrhundert v. Chr. wurden in Mesopotamien und Ägypten die ersten größeren Bronzeglocken gegossen. In den frühen Kulturen wurde dem Glockenklang von den Menschen eine unheilabwehrende Wirkung zugeschrieben. Diese Bedeutung und die als Signalinstrument ist den Glocken bis heute geblieben.

Europa

Nach Südeuropa kamen die Glocken entlang des Mittelmeers. Im antiken Rom wurden Glöckchen (Tintinabulum) vor allem als Signalinstrumente verwendet, z. B. in den römischen Bädern. Etwa um 400 n. Chr. soll Bischof Paulinus von Nola die ersten größeren Glocken mit einer läutbaren Form zugelassen haben.

Ins nördliche Europa kam die Kunst des Glockengießens infolge der Ausbreitung der christlichen Religion, und zwar durch die Kelten zuerst auf die Britischen Inseln. Koptische Mönche in Ägypten waren die ersten innerhalb der jungen christlichen Religion, die bereits lange vor dem Jahr 500 n. Chr. die Kunst des Glockengießens beherrschten. Von ihnen haben es irische Mönche gelernt, so dass es bereits im 5. Jahrhundert unter den irischen Mönchen bedeutende Glockengießer gab. Einer von ihnen, der hl. Forkernus, gest. etwa 490 n. Chr., war der bedeutendste Glockengießer der Zeit, er ist der Patron der Glockengießer. Erste viel später ging die Aufgabe des Glockengießens von den Mönchen auf professionelle Gießer über. Ab dem 6. Jahrhundert hat sich der Brauch des Läutens in eigens dafür gebauten Türmen ausgebreitet.

Mittelalter und Neuzeit

Im 9. Jahrhundert waren halbkugelige „birnenförmige“ Glocken sehr verbreitet, im 11. Jahrhundert „bienenkorbförmige“ Glocken, im 12. Jahrhundert „zuckerhutförmige“. Im 13. Jahrhundert schließlich wurde die Kunst des Glockengießens zu höchster Vollendung geführt, indem die „gotische“ Glocke entwickelt wurde, deren Form auf die Klangschönheit der Glocke hinzielt. Gleichzeitig begann man, an der Außenseite der Glocken Ornamente, Bandverzierungen, bildliche Darstellungen und den Namen des Glockengießers anzubringen. Seit der Entwicklung der „gotischen“ Glocke hat es keine Qualitätsverbesserung mehr gegeben. Die Kunst des Gießens wurde in den Gießereien als streng gehütetes Betriebsgeheimnis von einer Generation auf die nächste vererbt.

Im 18. und 19. Jahrhundert wurden die größten Glocken gegossen, die ein Gewicht von über 20 Tonnen erreichen (die „Pummerin“ im Wiener Stephansdom ist 20 Tonnen schwer und hat den Ton C). Die größte Glocke, die je gegossen wurde, ist die „Zarenglocke“ mit einem Gewicht von 198 Tonnen und einer Höhe von 6,14 m. Sie wurde nach dem Guss im Jahre 1733 schwer beschädigt (ein Stück von 11 Tonnen ist herausgebrochen) und nie zum Läuten gebracht. Sie ist heute als Schauobjekt im Moskauer Kreml zu bewundern.

Glocken im Orchester

Im 18. Jahrhundert war der Einsatz von Glocken im Orchester äußerst selten. Zum ersten Mal sollen Glocken von J. S. Bach verwendet worden sein. Vor allem in dramatischen Kontexten in der Oper wurde der Glockenklang immer wieder gebraucht. Da die Verwendung von Kirchenglocken jedoch wegen der Größe und des Gewichts nicht infrage kommen konnte, hat man Ersatzinstrumente gebaut. Eine Glocke mit dem Ton C wiegt 20 Tonnen. In einigen großen Theatern war ein Satz von Kirchenglocken fest installiert wie z.B. im Moskauer Bolschoi Theater, in der Grand Operà in Paris und in der Dresdner Oper.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts hat es zahlreiche Versuche gegeben, den Glockenklang durch leichter handhabbare Ersatzinstrumente für das Opern- und Symphonieorchester nutzbar zu machen. Erfolgreich waren die Versuche, den Klang mittels Objekten aus verschiedenen Metallen nachzuahmen, wobei mit schwingenden Platten, Stäben, Scheiben, Gefäßen experimentiert wurde. Auch lange, dick umwickelte und mit Resonator verstärkte Klaviersaiten kamen zum Einsatz. Bayreuth (für Richard Wagners „Parzival“) und Covent Garden waren Zentren dieser Versuche.

Ziel dieser Versuche war die Integration von zwei Aspekten: einerseits wollte man den obertonreichen Glockenklang möglichst originalgetreu nachahmen, andererseits einen Klang bestimmter Tonhöhe erreichen.

Röhrenglocken

Röhrenglocken tauchen zum ersten Mal zwischen 1860 und 1870 in Paris auf.

Der Engländer John Harrington erhielt ein Patent für Röhrenglocken aus Bronze. Arthur Sullivan war vielleicht der erste Komponist, der 1886 Röhrenglocken im Orchester eingesetzt hat.
Für Effekte sind Röhrenglocken im frühen 20. Jahrhundert auch in Kino-Orgeln eingebaut worden.

Im modernen Orchester

Röhrenglocken wurden zuerst als Ersatz für Kirchenglocken bei Giuseppe Verdi in seinen Opern „Der Troubadour“ (1853) und „Ein Maskenball“ (1859) und in Giacomo Puccinis „Tosca“ eingesetzt.

In England und Amerika hat man zuerst Röhrenglocken auf einem Gestell wie bei einem Klavier in chromatischer Reihenfolge angeordnet und somit das Röhrenglockenspiel geschaffen. Durch diese Verbesserung wurden dem Instrument neue Spiel- und Einsatzmöglichkeiten eröffnet, die von den KomponistInnen besonders in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch weiter ausgebaut wurden.

Hatten Röhrenglocken zuerst in Opern die Aufgabe, Glocken nachzuahmen, so wurden sie in modernerer Musik auch ihrer Klangfarbe wegen zunehmend geschätzt. Für Melodiebildung sind Röhrenglocken nur für kurze Melodieformeln, die Ton für Ton abgedämpft werden, verwendet worden. Auch elektroakustische Röhrenglocken werden immer öfter eingesetzt.

Glocken und Röhrenglocken – ein Vergleich

Besonderheiten im Klangaufbau und in der Wahrnehmung von Glockenklängen

Wie bei allen Idiophonen (Selbstklingern) ist der Glockenklang aus zwei Komponenten zusammengesetzt: dem Schlagton und dem Nachklang. Der Klangaufbau der „echten“ Glocken (Kirchenglocken) ist besonders kompliziert, er besteht aus einem Gemisch von vielen Einzeltönen, die in verschiedener Höhe, mit verschiedener Lautstärke und verschieden langer Nachklangzeit erklingen. Man spricht von einem Tongemisch . Viele dieser Einzeltöne (Teiltöne) sind unharmonische Reihen, d.h. sie stehen in keinem ganzzahligen Verhältnis zum Grundton. Dadurch entsteht im Ohr ein labiler Tonhöheneindruck, d.h. das Ohr hat Probleme, von mehreren Tonhöhenkandidaten einen eindeutig zu identifizieren. Darüber hinaus kann die Intensität der Obertöne die des Grundtones um vieles übersteigen.

In der Wahrnehmung eines Glockenklanges dominieren zwei verschiedene Eindrücke: der Schlagton, ein kurzer, kräftiger, metallischer Klangeindruck in nur einer Tonhöhe; und der Nachklang, lange nachklingende Töne in unterschiedlicher Tonhöhe (Summtöne). Die Tonhöhe der Glocke wird nach dem Schlagton bestimmt, der eine Oktave höher ist als der Grundton. Der Grundton gehört neben der Dur- oder Mollterz zu den dominierenden Klangeindrücken des Nachklangs. Deswegen spricht man auch von Mollterz- oder Durterzglocken. Mollterzglocken kommen häufiger vor.

Im Unterschied dazu ist bei Musikinstrumenten die wahrgenommene Tonhöhe eindeutig und entspricht meistens die Frequenz des tiefsten (= 1.) Teiltones.

Glocken nehmen also genaugenommen eine Zwischenstellung ein zwischen den Schlaginstrumenten mit bestimmter Tonhöhe und jenen mit unbestimmter Tonhöhe.

Röhrenglocken

Diese Besonderheiten des Glockenklanges gelten nur zum Teil für die Röhrenglocken, deren Klangaufbau anders ist als beim Vorbild der Kirchenglocken. Die Unterschiede ergeben sich aus der Tatsache, dass Röhrenglocken immer auch nach musikalischen Erfordernissen gebaut wurden. Zwei Tendenzen im Instrumentenbau lassen sich feststellen: entweder man versuchte, dem Obertonreichtum der Kirchenglocken nahe zu kommen, oder man baute Röhren mit einer klaren Tonhöhe im musikalischen Sinn. Der zweite Weg wurde beschritten, um das Röhrenglockenspiel als eigenständiges Musikinstrument im Orchester zu etablieren.

Ein Hauptunterschied in der Bauweise von Glocken und Röhrenglocken liegt darin, dass Röhrenglocken oben und unten identisch sind. Dies fördert einen relativ harmonischen Teiltonaufbau, der für musikalische Zwecke geeignet ist und die Klangverbindung mit den anderen Orchesterinstrumenten fördert. Kirchenglocken enthalten viele unharmonische Teiltöne.

Schlagton und Nachklang

Der Schlagton ist ein kurzer, kräftiger, metallischer Klangeindruck in nur einer Tonhöhe, und zwar eine Oktave höher als der Grundton; der Nachklang, ein lange ertönender obertonreicher Klang, der von zwei Tonhöhen dominiert wird, und zwar vom Schlagton und vom Grundton, der eine Oktave tiefer klingt. Dies führte zu Meinungsverschiedenheiten, in welcher Oktave die Röhrenglocken nun wirklich klingen. Es gibt Personen, die den Nachklang (= eine Oktave tiefer als Schlagton) für die eigentliche Tonhöhe halten. Forschungen haben ergeben, dass der Schlagton (= eine Oktave höher als der Grundton im Nachklang) als die eigentliche Tonhöhe gilt. Die Schlagtonhöhen (= auch notierten Tonhöhen) des Röhrenglockenspiels reichen somit vom c1–f2 bzw. von f–f2 beim zweioktavigen Instrument.

Röhrenglocken haben (wie alle Idiophone aus Metall = Metallophone) eine geringe Dämpfung, d. h. der Nachklang ist entsprechend lang.

Im Unterschied zu den Glocken (Kirchenglocken), wo die Terz im Nachklang eine dominierende Rolle einnimmt, sind Röhrenglocken so gebaut, dass neben dem Grundton (eine Oktave unter dem Schlagton) auch die Quint (über dem Schlagton) vorhanden ist. Dies fördert eine musikalische Verwendung zusammen mit anderen Musikinstrumenten.

Bauweise

Ständer

Die statische Grundlage des Röhrenglockenspiels bildet ein etwa 180 cm hoher Ständer (90 cm breit und 70 cm tief), bestehend aus einer Basis mit Rädern, einem Rahmen und zwei Aufhängeleisten. Die chromatisch gestimmten Röhren sind, wie bei einer Klaviatur, in zwei Reihen angeordnet und an Bändern auf den beiden Aufhängeleisten aufgehängt.

Die hintere Reihe enthält die Tonhöhen, die den schwarzen Tasten am Klavier entsprechen, und ragt etwa 20 cm über die vordere Reihe hinaus, so dass diese Töne vom Spieler direkt erreicht werden können.

Röhren

Je nach Tonumfang sind auf einem Röhrenglockenspiel entweder 18 Röhren (1 ½ Oktaven: c1–f2) oder 25 Röhren (2 Oktaven: f–f2) zu finden.

Die Röhren sind gleichzeitig Schwingungserreger und Resonator.

Bei Röhren, Platten und Stäben verhalten sich die Frequenzen umgekehrt proportional zum Quadrat der Länge. (Zum Beispiel hat eine 70,7 cm lange Röhre theoretisch etwa die halbe Frequenz gegenüber einer 50 cm langen Röhre bei gleichbleibender Dicke). Gleichzeitig verhalten sie sich direkt proportional zum Quadrat der Dicke (Je dünner die Platte oder Wandstärke bei Röhrenglocken, desto tiefer der Ton). Die Tonhöhe (des Schlagtons) ist somit abhängig vom Durchmesser, der Wandstärke und der Länge der Röhren. Die Röhrenlänge eines durchschnittlichen 1 ½ -oktavigen Röhrenglockenspiels reicht von ca. 75 cm für die kürzeste Röhre (Tonhöhe f2) und 155 cm für die längste (Tonhöhe c1). Der dazugehörende Rohrdurchmesser beträgt 3,8 cm, die Wandstärke 1,5 cm. Ändert sich einer dieser Parameter, z.B. die Wandstärke, müssen sich auch die anderen ändern, die Rohrlänge oder der Durchmesser. In der Regel haben die Röhren zwischen 3–4 cm Durchmesser und 1–2 cm Wandstärke. Die kürzeste Röhre ist etwa 75 cm lang, die längste 155 cm.

Kurze Metallröhren haben einen starken Grundton und klingen somit nicht glockenähnlich. Lange Metallröhren hingegen bilden eine Menge Teiltöne aus, so dass sie glockenähnlich klingen.

Dämpfer

An der Basis des Ständers befindet sich ein Dämpferpedal, das über ein Gestänge mit der Dämpferleiste verbunden ist. Das Betätigen des Dämpferpedals bewirkt ein gleichzeitiges Abdämpfen aller Röhren.

Der Mechanismus ist folgender: Bei nicht gedrücktem Pedal zeigt die Dämpferleiste senkrecht nach oben und unten und hat keinen Kontakt mit den Röhren. Wir das Pedal gedrückt, so dreht sich die Dämpferleiste und die Dämpfungsmaterialien neigen sich in die Waagerechte und dämpfen so die Röhren ab.

Schlägel

Röhrenglocken werden mit Hämmern angeschlagen, drei Härtegrade sind üblich: weich, mittel und hart. Die Köpfe sind aus Holz, Sperrholz und Kunststoff und je nach Härtegrad mit Leder oder Filz überzogen.

Länge des Schaftes: ca. 30 cm.
Der Kopf hat die Form eines Hammers und ist 3,6–4,2 cm dick und ca. 11 cm lang.

Metallhämmer werden zur Erzeugung besonders harter Klänge benützt, wobei die Röhren oft in Mitleidenschaft gezogen werden.

Für bestimmte Effekte werden auch Vibraschlägel (für Wirbel) oder Glockenspielschlägel (für einen dünnen Klang) eingesetzt.

Notation

In der Regel wird der 1 Oktave höhere Schlagton (= die eigentliche Tonhöhe der Glocke) notiert. Also klingend und nichttransponierend: die notierten Tonhöhen liegen beim Röhrenglockenspiel immer zwischen f und f2.

Im Schlagton dominiert ein Ton, der eine Oktave höher ist als der Grundton, im Nachklang sind beide vorhanden: Schlagton und Grundton, es dominiert eher der Grundton.

Legenden berichten, es soll schon vorgekommen sein, dass es Streit über die „richtige“ Tonhöhe gegeben hat (-:

Tonumfang

1 ½ Oktaven Umfang
c1 – f2 (18 Röhren) 2 Oktaven Umfang
f – f2 (25 Röhren) 2 1/3 Oktaven Umfang
es – g2 (29 Röhren)

Tonerzeugung

Die Röhren sind chromatisch gestimmt und klaviaturmäßig in zwei Reihen angeordnet, wobei die hintere Reihe die Tonhöhen enthält, die den schwarzen Tasten am Klavier entsprechen. Die hintere Reihe ragt etwa 20 cm über die vordere Reihe hinaus, so dass diese Töne vom Spieler angeschlagen werden können. Die ideale Anschlagstelle befindet sich am oberen Rand der Röhren. Der Spieler verwendet einen oder zwei Hämmer. Mit unterschiedlich harten und schweren Hämmern kann der Spieler Klangdifferenzierung erreichen.

Da in vielen Werken aus dem traditionellen Repertoire nur einige wenige Tonhöhen verwendet werden, werden einzelne Röhrenglocken an einem Gestell aufgehängt. Dies erleichtert dem Spieler die Übersicht. In diesem Fall dienen die Röhrenglocken als Glockensurrogat.

Zwischen dem Härtegrad der Schlägel und dem Klang besteht folgender Zusammenhang: Weichere Schlägel fördern die tieferen Teiltöne, die hohen Teiltönen werden nicht zum Schwingen angeregt. Dadurch wird der Klang weicher, runder und sanfter. Harte Schlägel forcieren die höheren Teiltöne gegenüber den tiefen. Dadurch wird der Klang heller, härter und schärfer.

Eine besondere Schwierigkeit für den Spieler, der im Stehen spielt, besteht darin, den Überblick zwischen dem großen Instrument, Noten und Dirigent zu bewahren. Schnelle, längere Tonfolgen kann er nur durch auswendig Spielen bewältigen.

Funktion des Dämpfers

Ist das Dämpferpedal hat einen Verschluss, der den Dämpfer offen hält, so dass die Röhren ungedämpft sind. Durch einen leichten Druck mit dem Fuß wird die Dämpfung aktiviert, so dass alle Röhren gleichzeitig durch die sich drehende Dämpferleiste abgedämpft werden. Will der Spieler nur einzelne Töne abdämpfen und andere klingen lassen, tut er dies mit der Hand.

Spieltechniken

Einzelschläge + Gedämpft

Einzelschlag Leder, Plastik, Filz.

Eine große dynamische Breite ist möglich.

Repetitionen

Repetitionen und Repetitionen dynamisch.

Tremolo

Große Crescendierfähigkeit.

Vorschlag

Glissando

Akkorde

Cluster + Anschlag mit dem Besen

Philharmonische Röhrenglocken

Klangcharakter

Hell, feierlich, schauderlich, metallisch, nachklingend, schwebend, obertonreich, schwingend, glänzend, weich, entfernt.

Schlagton und Nachklang

Der Schlagton, ein kurzer, kräftiger, metallischer Klangeindruck in nur einer Tonhöhe, und zwar eine Oktave höher als der Grundton; und der Nachklang, ein lange ertönender obertonreicher Klang, der von einer bestimmten Tonhöhe dominiert wird, und zwar eher vom Grundton. Der eine Oktave tiefer liegende Grundton klingt, neben vielen höheren Tönen, im Nachklang mit. Die angegebenen Tonhöhen in der Notation bezeichnen den Schlagton und nicht die Grundtonhöhe. Röhrenglocken haben (wie alle Idiophone aus Metall = Metallophone) eine kleine Dämpfung, d. h. der Nachklang ist entsprechend lang.

Härtegrad der Hämmer

Zwischen dem Härtegrad der Schlägel und dem Klang besteht folgender Zusammenhang: Weichere Schlägel fördern die tieferen Teiltöne, die hohen Teiltöne werden nicht zum Schwingen angeregt. Dadurch wird der Klang weicher, runder und sanfter. Harte Schlägel forcieren die höheren Teiltöne gegenüber den tiefen. Dadurch wird der Klang heller, härter und schärfer.

Klangverbindungen

Zwei Hauptaufgaben kennzeichnen die Verwendung von Röhrenglocken: Als Glockenersatz und als Klangfarbe. Die Verbindung mit Metallophonen aller Art ist von der Musik Ostasiens inspiriert worden und in die Orchestermusik des 20. Jahrhunderts übergegangen.

Die Verschmelzungsfähigkeit der Röhrenglocken mit anderen Orchesterinstrumenten ist abhängig vom Klangaufbau. Röhrenglocken werden so konstruiert, dass sie eine möglichst harmonische Teiltonreihe aufweisen, was die Verschmelzungsfähigkeit mit anderen Orchesterinstrumenten, deren Kennzeichen ein harmonischer Teiltonaufbau ist, erhöht. Unharmonische Teiltöne bleiben bei den Röhrenglocken jedoch erhalten, um den Glockencharakter, wo die unharmonischen Komponenten viel größer sind, zu erhalten.

Röhrenglocken und andere Orchesterinstrumente

Aufgrund dieser Eigenschaften ergibt sich eine Klangverschmelzung besonders mit den Idiophonen aus Metall mit einer bestimmten Tonhöhe: Glockenspiel, Vibraphon, Gong.

Darüber hinaus ergeben sich gute Klangverbindungen mit allen Instrumenten, deren Klang aus einem Anschlag und Nachklang zusammengesetzt ist: Becken, Tamtam, Pauke, Harfe, Klavier.

Der Klang sticht aufgrund seiner Klangfarbe, die sich von allen anderen Orchesterinstrumenten unterscheidet, hervor. Große dynamische Spannweiten, von leisesten Tremoli im pp bis zu großen Steigerungen sind möglich. Besonders im Zusammenhang mit dicken Akkorden der Holz- und Blechbläser entsteht eine feierliche, festliche, glänzende Stimmung. Die Blechbläser unterstützen dabei durch Sforzato-Einsatz den Schlagton und durch Haltetöne den Nachklang.

Für besonders mächtige Klänge werden Röhrenglocken und Plattenglocken gleichzeitig (oft von einem Spieler) gespielt.

Repertoire (Auswahl)

Röhrenglocken im Orchester

  • Carl Maria von Weber

    • Der Freischütz (1821)
  • Gioacchino Rossini

    • Wilhelm Tell (1829)
  • Giacomo Meyerbeer

    • Die Hugenotten (1836)
  • Giuseppe Verdi

    • Rigoletto (1851), Der Troubadour (1853), Ein Maskenball (1859)
  • Modest Mussorgski

    • Boris Godunov (1869, 1872, 1874)
  • Ruggero Leoncavallo

    • Der Bajazzo (1892)
  • Gustav Mahler

      1. Symphonie (1895)
  • Claude Debussy

    • Ibéria (1910)
  • Anton Webern

    • Sechs Stücke für Orchester (1910, 1913)
  • Giacomo Puccini

    • Tosca (1900), Turandot (1926)
  • Alexander Scriabin

    • Le Poème de’l exstase (1908)
  • Richard Strauss

    • Die schweigsame Frau (1935)
  • Edgard Varèse

    • Ionisation (1931)
  • Paul Hindemith

    • Metamorphosen über ein Thema von C.M. von Weber (1944)
  • Aaron Copland

      1. Symphonie (1946)
  • Carl Orff

    • Antigonae (1949)
  • Olivier Messiaen

    • Turangalila-Symphonie (1949)
  • Karl Amadeus Hartmann

      1. und 8. Symphonie
  • Hans Werner Henze

    • König Hirsch (1956, 1962)
  • Pierre Boulez

    • Pli selon pli (1962)

Röhrenglocken im Ensemble

  • Pierre Boulez
    • Improvisation sur Mallarmé (1958)
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