Das ehemalige Kloster Pernegg liegt weit im Norden Niederösterreichs, nahe der tschechischen Grenze - im Gneishochland des sogenannten Waldviertels auf 530 Meter Seehöhe. Trotz (oder vielleicht gerade wegen) seiner abgelegenen Lage war dieses sagenumwobene Gebiet über tausend Jahre lang heiß umkämpft und ist den Wirren der jeweiligen Epoche nie entkommen. Kein Wunder, dass auch die Klöster und ihre Kirchen gut befestigt waren. Diese nachhaltige Bauweise hat sicherlich dazu beigetragen, dass architektonische Juwelen wie die Klosterkirche von Pernegg die Jahrhunderte nahezu unbeschadet überstanden haben.
Bildnachweis, sofern nicht anders angegeben, alle Fotos von Pernegg © Dietz Tinhof & David Ender - VSL
Die erste urkundliche Erwähnung der Nachbarsiedlung Markt Pernegg stammt aus dem Jahr 1112, als Grafschaft wurde sie ab 1120 häufig erwähnt. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass bereits 1075 ein Nebenerwerb der Babenberger auf Burg Pernegg residierte. Der letzte Erbe des Geschlechts der "Pernegg" starb jedoch bereits 1230 als "Narr und Dummkopf", woraufhin der Besitz an den Erzherzog der Grafschaft fiel. Das Kloster wurde in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts gegründet und von Prämonstratenserinnen bewohnt. Im Jahr 1432 verwüsteten die Hussiten die Region. Die Burg verfiel und wurde 1449 abgerissen, nur die Kapelle blieb weitgehend unversehrt. Das Material wurde für den Bau des Klosters, wie wir es heute kennen, verwendet. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurde die Kirche im Zentrum der Klosteranlage errichtet. Heute dient sie als Pfarrkirche. Während der Reformationszeit lebten 1544 nur zwei Nonnen in Pernegg; 1585 erlosch das Nonnenkloster, und das Kloster wurde neu von Augustiner-Chorherren bewohnt.
Obwohl das Kloster während des Dreißigjährigen Krieges von kaiserlichen Truppen (1619/1620) und Schweden (1645) schwer belagert wurde, folgte darauf eine Ära des Wohlstands, begleitet von fruchtbaren wissenschaftlichen Bemühungen.
Die Abbildungen oben zeigen eine Kupferplatte des Klosters Pernegg ("Berenegg") von Georg Matthäus Vischer aus dem Jahr 1672 (© IMAREAL, ÖAW)
und ein Ausschnitt aus einem Wandgemälde in der Sakristei.
Im Jahre 1700 wurde das Kloster in den Zustand einer Abtei erhoben, der jedoch 1783 unter Kaiser Joseph II. wieder aufgehoben wurde. Die Pfarrei Pernegg wurde dann in die Stiftskirche Geras eingegliedert. 1854 erlangte Geras mit der Rückübertragung des Besitzes von Pernegg durch Kaiser Franz Joseph an die Augustiner auch den Besitz von Pernegg.
1940, während der Naziherrschaft, wurden beide Klöster beschlagnahmt und zur Unterbringung von Aussiedlern genutzt; in den letzten Kriegsmonaten wurde Pernegg stark beschädigt. 1992 begann die umfassende Renovierung der verwüsteten Klosteranlage. Auf dem Gelände wurde ein Erholungs- und Fastenzentrum mit angeschlossenem Hotel eingerichtet. Neben Gottesdiensten finden in der ehemaligen Stiftskirche - heute "Pfarrkirche Pernegg" - regelmäßig Konzerte statt, die sich die hervorragende Akustik zunutze machen.
Heute sieht Pernegg immer noch wie eine stolze und feste Burgkirche aus. Die Mauern, die sie mit ihren Türmen und Türen umgeben, erinnern an Zeiten, in denen das Grenzlandkloster häufig von marodierenden Truppen angegriffen wurde. Am Haupteingang sieht man noch die Seilrollen, mit denen die Zugbrücke hochgezogen wurde.
Die Kirche "Zum heiligen Andreas" wurde Ende des 15. Jahrhunderts erbaut. Sie ist eine spätgotische Pilaster Kirche mit fünfseitigem Chorabschluss. Dieser offene Typus einer Hallenkirche, deren Saal nicht durch Pfeiler begrenzt ist, ist in diesem Teil Europas selten zu finden - eine architektonische Rarität, die die außergewöhnliche Akustik des Gebäudes stark beeinflusst. Bis zu den ersten Restaurierungsarbeiten in den 1960er Jahren war man der Meinung, dass die Kirche - mit Ausnahme des Turms und des Beinhauses - um die Zeit des Klosters, d.h. nach 1586, erbaut worden war. Ausgrabungen und die Freilegung von Fresken widerlegten dies jedoch: Sie wurde mit Sicherheit zwischen 1500 und 1520 erbaut. Es handelte sich also nicht um eine Imitation des alten Stils in einer bereits veränderten Epoche; im Gegenteil, zum Zeitpunkt seiner Errichtung war das Gebäude zukunftsweisend. Im Innern befinden sich figürliche Deckenmalereien aus dem Jahr 1603, und in den Seitenkapellen befinden sich Wand- und Bogenmalereien, die Johann Grabenberger zugeschrieben werden. Bemerkenswert ist auch die achteckige Kanzel aus dem Jahr 1618.
Mittelalterliche Kirchen hatten freistehende Stützen; hier bestehen sie aus nach innen gezogenen Strebepfeilern, die typisch für die Emporkirchen der Renaissance und des Frühbarock sind. Die Emporen sind jedoch nicht original und wurden erst 1651 eingebaut.
Auch die übrigen Baubemühungen der Stiftskirche gehen hauptsächlich auf das 17. Die Umfassungsmauer des Prälatur Hofes, die im Inneren wie die Fassade eines italienischen Palastes gestaltet wurde, zeugt von Phantasie und Originalität. Pilaster, blinde Fenster, Dachböden mit Vasen und Büsten erwecken den Eindruck, dass sich dahinter ein prächtiger Palast verbirgt. Die Räume zeigen reiche Stuckarbeiten, vor allem im Erdgeschossraum mit seinem Kamin und in der Rosenkranzkapelle mit ihrem üppigen Freskenschmuck.
Die erste Renovierung des Gebäudes fand in den 1960er Jahren statt, und es wurde zwischen 1993 und 1999 vollständig renoviert. Der barocke Hochaltar von 1780 mit seinem monumentalen Kruzifix wurde durch einen massiven, modernen Basiliken Altar von Thomas O. Munz ergänzt, der das Erscheinungsbild des Kirchenschiffs entscheidend prägt. Auch viele der Glasmalereien tragen die Handschrift zeitgenössischer Künstler: im Altarraum von Margarete Bilger (1962), im Baptisterium von Lydia Roppolt (1969).
Musik hatte in der Stiftskirche Pernegg schon immer einen hohen Stellenwert. So wurde z.B. die Orgel von Michael Prackh bereits 1654 eingebaut und ist bis heute in Gebrauch.
Die unvergleichlich gleichmäßige Akustik des Kirchenschiffs - eine Folge des besonderen Baustils - zieht seit vielen Jahren fernab von den obligatorischen Liturgie- und Chorkonzerten Musiker aller Gattungen an. Als der in Litauen geborene und seit frühester Jugend in Österreich lebende Geiger Julian Rachlin 2004 ein Benefizkonzert für die Orgel der Klosterkirche gab, war er von dem Ambiente so beeindruckt, dass er beschloss, dort weiterhin mit seinen Freunden aufzutreten, was er seit 2006 jedes Jahr tut. Ebenfalls 2004 hatte Karlheinz Essls Stück "Nach viermal geht die Sonne auf" seine Uraufführung als Soundtrack für eine Multimedia-Performance.
Aufgrund ihrer abgeschiedenen Lage bietet die Kirche auch ein ideales Umfeld für Musikaufnahmen. Die Abwesenheit von störendem Lärm nicht nur in der Umgebung ist heutzutage eine Seltenheit, wofür sich viele Künstler und Labels gerne die eher umständliche Reise durch die dunklen Wälder dieses alten Grenzlandes gefallen lassen. So hat z.B. das Label Hyperion eine ganze Reihe von Aufnahmen des Vokalensembles Cinquecento veröffentlicht, die alle hier von Markus Wallner eingespielt wurden. Seine Meinung: "Wegen der sehr ausgewogenen, klar definierten und nie zu dominanten Akustik ist dies mein Lieblingsraum [...]. Ein echter Geheimtipp (und das mag auch so bleiben, was mich betrifft)!"
Für Vienna MIR Pro wurde das Kirchenschiff der Klosterkirche Pernegg von vier Mikrofonpositionen aus aufgenommen: Mic 1 befindet sich in der Nähe der Altarmitte, Mic 2 vor dem Altar, Mic 3 in der Mitte des Kirchenschiffs. Mic 4 wurde fast auf der Chorempore im hinteren Teil des Kirchenschiffs in einer Höhe von etwa 6 Metern positioniert. Alles in allem wurden fast 5.000 IRs gesammelt, um die Akustik dieses Gebäudes virtuell nachzubilden.
Die durchschnittliche Länge der Impulsantworten beträgt etwa 6 Sekunden, die durchschnittliche Nachhallzeit liegt bei etwa 3,8 Sekunden.
Mikrofonposition 4 (bzw. 1) auf dem ersten Balkon.
Aufgrund seiner besonderen Form gibt es im Kirchenschiff eigentlich zwei mögliche "Bühnenbereiche". Der konventionellere ist die dem Altar zugewandte Perspektive. Die weniger offensichtliche ist der Chorempore im hinteren Teil des Kirchenschiffs zugewandt, wo die Holzbühne oft für Chor- und Ensemblemusik mit oder ohne Orgelbegleitung verwendet wird.
Erwähnenswert ist auch, dass es in diesem Kirchenschiff zwei Balkone gibt - den unteren mit dem Chorgestühl und den oberen, auf dem die Orgel steht. Beide wurden für die Verwendung in Vienna MIR Pro eingefangen.
Die Möglichkeiten, Instrumente zu platzieren, werden durch zwei zusätzliche Hot Spots im Kreuzgang auf der linken und rechten Seite des Chores noch erweitert.
Bitte werfen Sie einen Blick auf die Screenshots der Venue Map, um eine Vorstellung zu bekommen.
Markus Wallner nimmt vom Zentralaltar aus lasergestützte Messungen vor.
Einer der ungewöhnlicheren Kontrollräume...
Der MIR-Softwarearchitekt Martin Rajek löst einige architektonische Rätsel der Kirche.
David Ender und Markus Wallner beim Einrichten der Aufnahmen von der Chorgalerie.
Vielen Dank an Pater Sebastian Kreit von der Pfarrei Pernegg für seine Großzügigkeit und Gastfreundschaft. Wir hatten viele Wünsche und Nöte, aber keiner von ihnen stellte für ihn ein Problem dar. Die Schaffung dieses MIR-Sitzes wäre ohne seine Hilfe nicht möglich gewesen.
Und vielen Dank an Alexander Cevolani vom KEYS Magazine Deutschland für seine Teilnahme an dieser MIR-Aufnahmesession!
Sonnenuntergang in der Klosterkirche Pernegg: Markus Wallner, David Ender, Dietz Tinhof, Martin Waismayr, Martin Rajek
© Alexander Cevolani / PPV Medien